Kein leichtes Spiel mit schweren Pferden
Kaltblutpferde zu füttern ist eine Herausforderung
Das Kaltblutpferd, ob Shire Horse, Noriker, Clydesdale oder Percheron hat eine lange Geschichte. Diese Pferderassen waren noch maßgeblich an der Industrialisierung zu Beginn des 19. Jahrhunderts beteiligt, bevor sie dann endgültig von Maschinen verdrängt wurden. Ihre Arbeitsleistung war enorm, ihre Zugkraft unvorstellbar und ihre Ausdauer im Schritt legendär.
Die schweren, im Kaltbluttyp stehenden Pferde, die in damaliger Zeit oft mehr als acht Stunden hart arbeiten mussten, wurden mit großen Mengen an Getreide, vorwiegend Hafer gefüttert. Dabei wurde nicht gespart. Sechs bis acht Kilogramm Hafer waren das tägliche Brot zu mindestens zehn Kilogramm Heu. Große Mengen an gereinigtem und geschnittenem Stroh werteten die Futterration auf. Der Mineralstoffbedarf wurde durch die außerordentlich hohen Hafermengen relativ gut gedeckt.
Heute leben diese schweren Pferde ständig auf Diät
Die Kaltblutpferde, zu denen auch lokale Rassen wie das Niederländische Kaltblut, das Rheinisch-Deutsche Kaltblut, das Mecklenburger Kaltblut, das Schleswiger Kaltblut oder das Schwarzwälder Kaltblut gehören, arbeiten heute in der Regel fast nirgends mehr länger als vier Stunden am Tag.
Kutschfahrten oder Holzrücken gehören zu den hauptsächlichen professionellen Tätigkeiten dieser Pferde.
Da jedoch im Freizeitbereich Kaltblüter nicht wirklich gemäß ihrem Potential gearbeitet werden und nicht selten im Offenstall mit freiem Zugang zu Wiesengras stehen, übersteigt die Energiezufuhr den tatsächlichen Energiebedarf .
Zudem wird Heu reichlich gefüttert, teilweise bis zu 20 Kilo am Tag. Nicht selten verfetten diese eigentlich als Hochleistungspferde gezüchten Fleischberge unter diesen Bedingungen.
Durch die Unterschätzung ihres immensen Mineralstoffbedarfs kommt es bei schweren Pferden nicht selten zu nachhaltigen Mangelerscheinungen bezüglich der nichtenergieliefernden Nährstoffe und damit zur Ausprägung von Erkrankungen, die einen nutritiven Hintergrund haben wie Mauke, Kotwasser und degenerative Gelenkserkrankungen.
Unabhängig davon, wie man das Kind nennen will, stellt auch das chronisch progressive Lymphödem (CPL) bei diesen Pferden ein hausgemachtes Problem dar. Die Erkrankung ist hartnäckig, stellt sie doch das Resultat eines bereits langfristigen Nährstoffmangels, meist in Kombination mit Eiweiß- oder Kohlenhydratüberschüssen dar, der zum Teil nicht mehr ausgeglichen werden kann, wenn dem Besitzer Zeit und Mittel fehlen.
Errechnung des Nährstoffbedarfs des Kaltblüters
Dazu ist wichtig zu wissen, dass sich der Spurenelementbedarf des Pferdes nach der Trockensubstanz-Aufnahme richtet. Frei nach dem Motto, wer eine große Menge frisst, hat auch einen erhöhten Bedarf an Spurenelementen.
Die Trockensubstanzaufnahme eines Pferdes, welches 20 Kilo Heu am Tag frisst beträgt 18 Kilo. Daraus ergibt sich ein immenser Spurenelementbedarf, zum Beispiel Zink mit 720mg am Tag (18kg TS x 40mg Zink). Wird der tägliche Bedarf an Spurenelementen, der natürlich mit Heu (bis höchstens 30mg Zink pro kg) keinesfalls gedeckt werden kann, nicht erfüllt, kommt es zu schleichenden und nachhaltigen Nährstoffverarmung, deren Folge Immunstörungen, Ekzem oder Mauke sein können.
Auf die Nährstoffverarmung folgt bei gleichzeitiger nicht unhäufiger Verfettung die Neigung zum Equinen Metabolischen Syndrom. Wird ein Kaltblüter nicht hinreichend gearbeitet, steht ein niedriger Energiebedarf einem erheblichen Mineralstoffbedarf gegenüber. Hier liegt die Ursache für 80% aller Erkrankungen der Kaltblüter, inklusive der so gefürchteten Arthrose.
Weiches Bindegewebe täuscht
Mauke, Raspe, Ekzem und Chronisch obstruktive Bronchitis (COB) gehören zu den typischen nährstoffmangelbedingten Erkrankungen, die den Kaltblüter treffen. Ebenso Kreuzverschlag und andere Muskelerkrankungen wie PSSM oder Rhabdomyolyse. Das alles müsste nicht sein, würde man von Anfang an, möglichst schon im Mutterleib die Nährstoffzufuhr dem Bedarf des Kaltblüters anpassen. Aber hier wird der Kaltblüter in seiner vermeintlichen Robustheit falsch verstanden.
Er fordert mit 800 Kilogramm Lebendgewicht keine homöopathischen Nährstoffdosierungen sondern hier gilt ganz klar: nicht kleckern sondern klotzen. Dabei spielen Calcium und Phosphor aufgrund der heute guten Rohfaserversorgung nicht die Hauptrolle, sondern Magnesium, Zink, Mangan, Kupfer, Selen und Kobalt.
Die leichtfuttrigen und in der Jugend sehr schnellwüchsigen Kaltblüter verfügen im Gegensatz zu Warmblütern eher über eine schwammige Fleischkonsistenz und ein weich anmutendes Bindegewebe. Das täuscht über den relativ hohen Mangan- und Magnesiumbedarf des Kaltblüters hinweg, der, wenn er nicht gedeckt wird, zu speziellen gesundheitlichen Problemen führt (PSSM, Kreuzverschlag, Aortenabriß). Gerade was Mangan betrifft, werden zu wenige Blutuntersuchungen (mineralstoffnüchtern, mind. 5 Tage lang) gemacht. Hier sind die Ursachen für Spat, Schale und Arthrose zu suchen.
Spurenelemente zufüttern
Nr. 4 Goldwert liefert Spurenelemente wie Zink, Kupfer, Mangan, Selen Kobalt und Jod, die garantiert ankommen. Aufgrund des hohen Körpergewichts und der hohen Trockensubstanzaufnahme des Kaltblüters sollte die tägliche Zufuhr nicht unter 45 g Nr. 4 Goldwert pro Tag erfolgen.
Um die Energiezufuhr zu drosseln muss der Koppelgang mäßig ausfallen oder mehr mit den Pferden gearbeitet werden. Aus kalorischen Gründen wird das Heu sinnvollerweiser mit Stroh ergänzt bzw. durch Stroh ersetzt, was dem Pferd sehr entgegenkommt. Die Bioverfügbarkeit von Zink aus Stroh ist sehr gering. Damit wird eine Substitution von Spurenelementen zusätzlich unumgänglich.
Durch den hohen Nährstoffbedarf des Kaltblutpferdes muss zum Beispiel auch die Mineralfuttergabe angepasst werden. Wird das Pferd langfristig mit dem Produkt Nr. 1 Alles fließt gefüttert, beträgt zum Beispiel die tägliche Fütterungsmenge 80 bis 100g!
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand Dezember 2014 überarbeitet 2021©