Sauer macht lustig?
Wege in einen geordenten Säure-Base-Haushalt
"Übersäuerung" ist ein Begriff, der eher der Alternativen Medizin entspringt. Aber was verbirgt sich eigentlich wirklich dahinter? Vielleicht kann man den Begriff eher erfühlen: man steht morgens mit einer dieser sonderbaren Mischungen aus Muskelkater und Rheumatismus auf, beginnt den Tag mit Kopfschmerzen oder fühlt sich irgendwie „aufgeschwemmt“.
Hämorrhoiden, Schweißfüße, Hautprobleme, Haarausfall oder Abgeschlagenheit gelten als Anzeichen für eine Übersäuerung des Körpers.
Der Körper als Säurefabrik
Der Körper muss sich täglich mit einer großen Menge an organischen Säuren, wie z.B. Harnsäure (stickstoffhaltig) aus dem Eiweißabbau, Essigsäure aus übermäßigem Fettkonsum oder Milchsäure aus dem Muskelstoffwechsel auseinandersetzen. Ebenso entstehen durch Gärung im Darm schwefelhaltige Säuren und Gifte.
Das Blut hat normalerweise einen basischen pH-Wert von etwa 7,4, der nicht unterschritten werden sollte (je niedriger der pH-Wert, desto saurer). Die langfristige Aufrechterhaltung dieses pH-Wertes ist ein großes Ziel des Stoffwechsels.
Dabei beeinflusst das respiratorische System den Säure-Basen-Haushalt über die Atmung, in dem entweder mehr oder weniger CO2 ausgeatmet wird. Die Ausatmung von CO2 kann den Stoffwechsel dabei entsäuern. Eine geschwächte oder flache Atmung, in der Kohlendioxid im Körper verbleibt, führt zu einer Übersäuerung. Daher ist regelmäßige Bewegung und frische Luft so wichtig für jeden Organismus.
Daneben gibt es das nicht-respiraltorische System, welches auch metabolisches System genannt wird. Hierbei erfolgt eine chemische Aufrechterhaltung des basischen pH-Wertes über Pufferbasen. Die Niere ist in der Lage, die Ausscheidung von Protonen (H+) und Bicarbonat zu steuern und trägt so maßgeblich zu einer guten Einstellung des pH-Wertes im Körper bei.
Die Säuren werden im Idealfall über ein Säuregefälle (vom säurereichsten Bereich zum nächsten, weniger säurebelastet Bereich) aus dem Körper ausgeschieden. Dabei sind die Organe wie Niere, Leber, Darm, Lunge und sogar die Haut an der Ausscheidung beteiligt.
Säuresünden
Wer jedoch raucht, viel Kaffee oder Alkohol trinkt und gerne eiweiß- und kohlenhydratreich isst, wer sich wenig an der frischen Luft bewegt oder aber beim Sport übermäßig belastet, kann gefährdet sein, seinen Körper mit Säuren zu überlasten. Der Körper wird mit diesen großen Säureanflutungen nicht mehr fertig. Auch zu wenig Schlaf, Stress, eine genusssüchtige Lebensweise oder eine negative Einstellung fördern die Übersäuerung des Körpers (Jentschura, Lohkämper, “Gesundheit durch Entschlackung“, 1998).
Säureüberschuss
Kann die Säureanflutung durch körpereigene Regulationsmechanismen nicht mehr bewältigt werden, bzw. ist der körpereigene Vorrat an neutralisierenden Basen (z.B. Natriumhydrogencarbonat) erschöpft, müssen aggressive Säuren im Körper unter hohem Verbrauch lebenswichtiger Mineralien und Spurenelemente „zwischengelagert“ werden. Man spricht dabei von "Verschlackung". Mit dem Alter steigt der Grad an Verschlackung - und damit die Entmineralisierung - eines Körpers.
Eine frühe ungesunde Lebensweise kann sogar bei Kindern bereits zu Säureproblemen wie Karies, Migräne, Entwicklungs- und Wachstumsstörungen, sowie Bettnässen führen. Als langzeitige Folgen einer ständigen übersäuerten Lebensweise werden im Erwachsenenalter Herzinfarkt, Rheuma, Osteoporose oder sogar die Krebsentstehung diskutiert. Weitere Anzeichen der Übersäuerung zeigen sich bereits in leidigen „Schönheitsproblemen“ wie Zellulite, Haarausfall oder Hautproblemen.
Abgesehen davon werden die Entgiftungsorgane über alle Maßen durch den Säureabtransport überstrapaziert.
Säurebomben
„Sauer macht lustig“. Auffallend ist, dass der Mensch ständig auf der Suche nach lustbetonten Säure-Eskapaden ist. Dazu gehören anfänglich Süßwaren, Colagetränke, Kaffee, Fleisch und Zigaretten, später eine exzessive Lebensweise, gekrönt von Alkohol- und Drogenkonsum.
Gesunde Lebensweise
Man muss nicht gleich leben wie ein Mönch, um das Säureruder herumzureißen. Schon der Verzehr basischer oder sogenannter basenbildender Nahrungsmittel führt zu einer besseren Voraussetzung für ein gesundes Leben.
Dazu gehören kaliumreiche Gemüse, Kartoffeln, süßes, sonnengereiftes Obst und besonders Dattel, Feigen und Bananen. Bittere Kräuter auf der Basis von Artischocke, Enzianwurzel oder Tausendgüldenkraut, Chicoree oder Endiviensalat finden in einer basischen Kost ebenso ihren Platz. Vor allem ist die Bedeutung der Spurenelemente in der Ernährung nicht zu unterschätzen. Sie werden in Enzymsystem eingebaut die aktiv and er Entsäuerung des Organismus beteiligt sind.
Eine besondere Rolle spielen dabei Gewürz- und Heilkräuter sowie natriumbicarbonathaltige Mineral- und Heilwasser. Der Genuss von sogenannten „leeren“ Kalorien (Weiß- und Mischbrot, Nudeln, Reis, Süßwaren) und versteckten gesättigten Fetten (Wurst, Käse, Kuchen) ist im Falle einer starken Übersäuerung muss überdacht werden.
Entsäuernde Techniken
Trinkkuren, Basenbäder, das Braunsche Reizverfahren, Kneippkuren, Saunagänge, Fastenkuren, Meditation oder Atemtechniken gehören zu den traditionellen Verfahren, die teilweise seit Jahrhunderten der Entgiftung und Entschlackung und damit auch der Gesunderhaltung des Menschen dienen.
Sich ab und zu etwas Ruhe zu gönnen, ausspannen, Einsamkeit genießen, Gefühle wie Macht, Habgier, Hass und Neid vermeiden, kann die Psyche entlasten und zu einer Lebensweise führen, die nicht „sauer“ macht.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand 2014 überarbeitet 2023©