Der Cholesterinspiegel -
eine differenzierte Betrachtung
Cholesterin ist das Schreckgespenst dessetwegen unzählige Betroffene auf hochwertige Nahrungsmittel wie Butter oder Eier verzichten. Der erhöhte Cholesterinspiegel gilt als Auslöser für Ablagerungen an Gefäßwänden, die zu einer Verkalkung der Arterien (Atherosklerose) und zu einem Gefäßverschluss führen können, was das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht.
Sobald ein erhöhter Cholesterinwert festgestellt wird, wird die Einnahme sogenannter Statine zur Senkung des Cholesterinspiegels vom Arzt verschrieben. Die sind aber mittlerweile aufgrund der Nebenwirkungen nicht mehr unumstritten.
Denn Medikamente haben oft frappierende Nebenwirkungen, die man kennen sollte. Zu den besonders schwerwiegenden Nebenwirkungen gehören im Falle der Statine Myopathien, also strukturelle und funktionelle Veränderungen der Skelettmuskulatur.
Zu den schlimmsten gehört die sogenannte Rhabdomyolyse, die zur Zerstörung der quergestreiften Muskulatur führt. Veränderungen der Muskulatur können sich entweder in Kraftlosigkeit oder in Verspannungszuständen zeigen.
Ein zu niedriger Cholesterinspiegel, wie er bei strengen Veganern auftreten kann, könnte - wenn man spekuliert -ebensolche Nebenwirkungen hervorbringen. Cholesterin ist nämlich der Baustein wichtiger Stoffwechselvektoren, die für die Entwicklung der kognitiven Leistungsfähigkeit, des Hormongeschehens und elementarer gesundheitlicher Stellschrauben verantwortlich ist. Dazu gehört auch beispielsweise Coenzym Q10.
Cholesterinsenker bremsen die Bildung von Coenzym Q10
Dass die Medikation mit Statinen zu einem Mangel an Coenzym Q10 führen kann, ist es in der wissenschaftlichen Literatur nachlesbar. (Leo Marcoff, MD?; Paul D. Thompson, MD†,‡; "The Role of Coenzyme Q10 in Statin-Associated Myopathy" J Am Coll Cardiol. 2007;49(23):2231-2237. doi:10.1016/j.jacc.2007.02.049). Coenzym Q10 (Ubichinon) ist eine vom Körper selbst synthetisierte vitaminähnliche Nicht-Eiweißverbindung und in der Atmungskette in den Mitochondrien an der Erzeugung von ATP, dem Treibstoff unseres gesamten Körpers maßgeblich beteiligt. Ab dem 35. Lebensjahr sinkt die körpereigene Produktion und die Energieversorgung in den Mitochondrien ist bedroht, denn Coenzym Q10, auch Ubichinon genannt, hilft dabei das hochreaktive Wasserstoffatom mit Sauerstoff sanft in Wasser umzusetzen und dabei erhebliche Mengen von Energie (Knallgasprobe) freizusetzen.
Baustein für lebenswichtige hormonelle Prozesse
Cholesterin wird zu geschätzt einem Drittel durch die Nahrung aufgenommen, aber ansonsten vom Körper selbst synthetisiert. Es ist das Ausgangsprodukt für den Aufbau der Zellmembran aller Körperzellen und für die Bildung von Steroidhormonen.
Steroidhormone sind fettlösliche und fettähnliche Verbindungen, die als Hormone im Körper funktionieren.
Dazu zählen sowohl die Glucocorticoide (z.B. Cortisol), die nicht nur entzündungshemmend und immunsuppressiv wirken, sondern auch den Wasserhaushalt und das Nervensystem beeinflussen.
Cortisol muss vom Körper in Stress-Situationen (wie Infektionen, Traumata, Operationen, Schock) vom Körper selbst aus Cholesterin gebildet werden. Es hat die katabole zur Aufgabe in diesen Situationen den Blutzucker umgehend zu steigern und die Körperzellen so mit Energie zu versorgen. Ebenso wird die Gluconeogene (Neubildung von Glucose aus Milchsäure aus den Muskeln, Aminosäuren aus Eiweiß und Glycerin aus Fettsäuren) gefördert.
Dadurch werden die Leistungsfähigkeit und die Energiebereitstellung gesichert. Ebenso können die geistigen Herausforderungen gemeistert werden.
Ein Mangel an Cortisol jedoch führt zu Schwächegefühl, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit und Erbrechen, Unterzucker und möglichen Pigemtierungsstörungen.
Auch die Synthese der Mineralcorticoide ist abhängig von Cholesterin. Sie zeigen wie zum Beispiel das Aldosteron Durst an. Gesteuert wird die Zurückhaltung von Natrium, die Ausscheidung von Kalium und Calcium.
Die weiblichen und männlichen Sexualhormone (u.a. Testosteron, Östrogen, Progesteron) benötigen Cholesterin als Grundsubstanz. Ohne Cholesterin kann damit auch ein Verlust von weiblichen oder männlichen Ausprägungen in Frage gestellt werden.
Auch das Vitamin D gehört zu den Steroidhormonen und wird aus Cholesterin unter Sonnenbestrahlung gebildet. Ein Mangel an Cholesterin stellt die körpereigene Vitamin D-Produktion in Frage.
Die große Bedeutung der Steroidhormone lässt mit Recht daran zweifeln, ob eine medikamentöse "Behandlung" eines hohen Cholesterinspiegels nicht ohne erhebliche Nebenwirkungen bleibt.
Ein über längere Zeit überhöhter Cholesterinspiegel soll zu Arterienverkalkung führen. Unter Berücksichtung des Nährstoffverbrauchs in Stress-Situationen ist zweifelhaft, ob ein Cholesterinspiegel alleine zu Atherosklerose führt oder ob nicht andere stressbedingte Faktoren maßgeblich beteiligt sind!
Stress treibt Cholesterin hoch
Bekannt ist, dass Stress den Cholesterinspiegel ansteigen lässt. Zur Bildung des Stresshormons Cortison wird Cholesterin benötigt und sicherlich vom Körper ausreichend zur Verfügung gestellt. Der körperlichen Bildung von Cholesterin steht aber auch ein Abbau gegenüber.
Die Entsorgung von Cholesterin erfolgt über die Galle
Der Gallensaft, von dem täglich garantiert ein halber Liter prodziert wird und der fast 1% Cholesterin enthält ist offensichtlich eine gute Möglichkeit, fast 5 Gramm Cholesterin aus dem Körper zu befördern! Er besteht größtenteils aus Wasser, enthält aber auch überschüssiges Cholesterin und Abfallprodukte der Leber.
Speziell disponierte Menschen, vor allem Frauen, neigen bei Stress zu Störungen der Gallenfunktion (z.B. verspannungsbedingte Verschlüsse der gallenabführenden Wege, Gallensteine). Störungen des Leberstoffwechsel, Hindernisse am Gallenfluss und Verspannungen könnten so indirekt den natürlichen Cholesterinspiegel erhöhen. Äußerlich sind oft Anhebungen im Bereich des Oberbauchs zu beobachten, Osteopathen und Manualtherapeuten wissen, wie eine Gallenblase sanft zu entleeren geht.
Ein kupferhaltiges Enzym hilft mit
Das Enzym Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase sorgt dafür, dass Cholesterin und Lecithin durch sogenannte "Verersterung" als Lipoprotein an das "gute" HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) gebunden wird. Mithilfe von HDL wird überschüssiges Cholesterin von den Zellen im Körper zur Leber transportiert wird. Hier kann es durch die Leber "entsorgt", leicht abgebaut, werden. Fehlt das Enzym oder ist es geschwächt ist, der HDL Wert zu niedrig. Das Enzym Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase ist, was weniger bekannt ist kupferabhängig. Kupfer ist reichlich in Schokolade und Rinderleber vorhanden. Ansonsten sind entsprechende Nahrungsergänzungen von Vorteil.
Bedeutung von Jod im Rahmen des Cholesterinhaushalts
Die Schilddrüsenfunktion steht im direkten Zusammenhang mit dem Cholesterinspiegel. Daher wirkt sich ein Jodmangel über die mangelnde Bildung von Schilddrüsenhormonen ungünstig auf den Fettstoffwechsel aus und sollte im Falle eines zu hohen Cholesterinspiegels umgehend ausgeglichen werden. Der tägliche Bedarf an Jod beträgt beim erwachsenen Menschen 180µg pro Tag und wird vor allem bei vegetarischer, algen- oder fischarmer Ernährungsweise nicht gedeckt.
Nährstoffe als Basis für das richtige Entspannungsmanagement
Nährstoffe spielen beim Thema Cholesterin eine größere Rolle. An dieser Stelle ist anzumerken, wie wichtig doch eine ausreichende Magnesiumversorgung ist. Gerade in Stress-Situationen steigt der Magnesiumbedarf. Magnesium trägt zu einer normalen Muskelfunktion einschließlich des Herzmuskels bei.
Magnesium ist der physiologische Gegenspieler zu Calcium, welches sich zusammen mit Cholesterin als sogenannte "Plaque" in den Arterien ablagern kann und als Auslöser für Herzinfarkte gilt. Der Magnesiumbedarf des Menschen wird von der DGE mit 350mg pro Tag angegeben. Diesen Bedarf zu decken ist leider nicht so einfach. Schokolade, spezielle Mineralwasser und Nüsse tragen zur Deckung des Magnesiumbedarfs bei. Sportler und Stressgeplagte haben einen deutlich erhöhten Magnesiumbedarf.
Wann ist der Cholesterinwert wirklich hoch?
Ausgehend von einem Wunschwert von weniger als 200 mg/dl plus Lebensalter spricht man von einem stark erhöhten Cholesterinspiegel bei über 300 mg/dl. Ein gesunder Lebenswandel mit viel Bewegung, wenig Zigaretten und mäßig Alkohol sowie eine angepasste nährstoffdichte Ernährung mit der Möglichkeit vom Stress zu entspannen können zur Senkung des Cholesterinspiegels beitragen.
Letztendlich bleibt die Frage, ob ein erhöhter Cholesterinspiegel (wie hoch auch immer) wirklich zu Arteriosklerose beiträgt.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand Mai 2014, überarbeitet 2024©