Biogene Amine
Der hohe Preis des guten Geschmacks
Was haben ein guter Schluck Rotwein mit französischem Rohmilchkäse, ein Gläschen Sekt mit Lachshäppchen und Gammelfleisch mit Sauerkraut gemeinsam? Ist es, dass ein Migräneanfall folgt, Durchfall oder wenigstens eine Schnupfnase? Permanente Nebenhöhlenentzündung durch das mittägliche Magermilchjoghurt oder das abendliche Käsebrot sind nicht so unwahrscheinlich. Willkommen in der Welt der Stoffgruppe der biogenen Amine!
Biogene Amine entstehen in Lebensmitteln immer dann, wenn Eiweiße und deren Bausteine, die Aminosäuren, durch Fermentation, Vergärung oder Verderb umgewandelt werden.
Histamin, Cadaverin, Putrescin, Tyramin, 4-Aminobuttersäure (GABA) und viele andere, teilweise drogenähnliche Stoffe, können aber auch im Rahmen der eigenen Verdauung (Fehlgährungen) durch Umwandlung von Aminosäuren aus eiweißhaltigen Produkten durch Mikroorganismen entstehen.
Fermentation ist nützlich - Verderb schädlich
Die Fermentation von Lebensmitteln wird seit Jahrhunderten zur Haltbarmachung genutzt. Denken wir hierbei als erstes an die Konservierung von Kohl als Sauerkraut, Milch als Käse, Trauben und anderes Obst als Wein. Auch Fleisch kann durch Fermentation haltbar gemacht werden (Salami).
Der eigentlich nützliche Fermentations- und damit Konservierungsprozess führt zu Bildung von Histamin aber auch Spuren von Cadaverin, Putrescin aus den Aminosäuren Histidin, Lysin und Ornithin. Die Menge der biogenen Amine hängt ab von der Qualität der Fermentation, also von der Sauberkeit, Lufteintritt etc.
Biogene Amine verfügen auch über positive Eigenschaften. Sie sind die Vorstufen von Hormonen, Enzymen und Vitaminen, allerdings auch von Alkaloiden. Sie geben vielen Lebensmitteln den unnachahmlichen Geschmack. Bei vielen Menschen rufen Sie allerdings schwere Krankeitserscheinungen hervor, wenn der Genuß einen bestimmten Pegel und Zeitraum überschreitet. Es kommt zu massiven Leberproblemen, Allergien, Durchfall oder sogar Herzproblemen hervor.
Histamin kann durch keinen Verarbeitungsprozess, jedoch durch ein körpereigenes Enzym, die Diaminooxidase abgebaut werden. Fehlt die Balance zwischen zugeführtem Histamin, im Körper durch Stress selbst entstandenes Histamin und die Diaminooxidase, kommt es zur Ausprägung oben genannter Probleme.
Was Gammelfleisch eigentlich so gefährlich macht
Fleisch beginnt sich im Verderbnisprozess durch die Anwesenheit von Bakterien zu verändern. Dabei wird Eiweiß in Aminosäuren gespalten und dann in biogene Amine umgesetzt. Letztere sind durch Hitze nicht zerstörbar! Das Argument, das Fleisch würde ja so oder so gekocht bzw. gebraten gilt daher nicht! Es kommt zu einer Vergiftungsreaktion die zunächst nicht nachvollziehbar ist.
Fisch verdirbt schnell
Fisch, der ein bisschen die Luft gesehen hat, fängt an zu verderben. Bakterien beginnen - bereits bei Zimmertemperatur binnen drei Stunden – das hochwertige Eiweiß zu zersetzen. Auch dabei wird sofort Histamin gebildet.
Das für seine allergieauslösende Wirkung bekannte biogene Amin wird aus der Aminosäure Histidin gebildetet. Histamin wirkt gefäßerweiternd und blutdrucksenkend. Die Herzfrequenz steigt, es kann zu Pustelbildung kommen. Wenn die Gefäße sich allerdings zu sehr weiten, wird der Vorgang als anaphylaktischer Schock bezeichnet und ist weniger lustig.
Beim Allergiker wird Histamin vom Körper selbst in den Mastzellen synthetisiert und bei allergischen Reaktionen ausgeschüttet. Allergien gehen oft mit Juckreiz, Atemnot, Niesattacken und Ausschlägen einher.
In Stress-Situationen wird der körpereigene Geahlt an Histamin erhöht, was die Gesamtproblematik potenziert.
Käse macht den Kopf dicht ...
...sagen die Chinesen. Die wissen etwas, was wir nicht wissen. Man schätzt unter der Bevölkerung mindestens 40% Histaminose - Patienten, Menschen, die auf die Histaminzufuhr in der Nahrung reagieren. Folgen einer zu hohen Histaminaufnahme bzw. eines gestörten Histaminabbaus können chronische Nebenhöhlenentzündung, ständige Erkältungskrankheiten, Asthma, Migräne, Verdauungsstörungen und andere schwer behandelbare Übel sein.
Der Käsefehler
Käse wird von klassischen Ernährungswissenschaftlern als Calciumlieferant empfohlen. Allerdings wird neben den oft hohem Fett- und Salzgehalt der - durch den Reifungsvorgang dieses Lebensmittels - teilweise unglaublich hohe Histamingehalt verschwiegen.
Untersuchungen aus der Schweiz zeigten auch nicht unerhebliche Mengen an Cadaverin und Putrescin. Der Histamingehalt eines freiwillig oder unfreiwillig mikrobiell bearbeiteten Lebensmittels ist erstens abhängig vom Gesamteiweißgehalt des Produktes, der bei Käse grundsätzlich erhöht ist, zweitens von der Lagerdauer (Parmesan lagert teilweise am längsten) und drittens vom Grad der Fehlgärung (ist nur bei industrieller Käseherstellung nicht so stark zu befürchten).
Auch Joghurt, Kefir und Quark sind mit Milchsäurebakterien gereift und dadurch haltbar gemacht. Auch hier entsteht Histamin in geringeren Mengen, was aber bei täglichem Genuss die Sachlage auch nicht besser macht.
Merke: Histaminose nicht mit Laktoseintoleranz verwechseln!
Rohwurst
Die Herstellung von Salami und rohem Schinken erfolgt über Milchsäurevergärungsprozesse, die der Haltbarmachung dienen. Auch hier entstehen biogene Amine, weil die Bakterien nicht nur Zucker, sondern auch Eiweiße umbauen. Das gleiche gilt für Sauerkraut oder sogenannte Saure Bohnen, früher die einzige Möglichkeit, Gemüse für den Winter haltbar zu machen.
Alkohol
unterliegt während seines Herstellungsprozesses ebenso einer Gärung inklusive Histaminproduktion. Allerdings enthalten sogenannte „Klare“, Wodka oder Kunstprodukte (Eierlikör) kaum Histamin. Das Histamin verbleibt im Destillat. Anders hingegen Weine und Biere. Weine mit niedriger Qualität weisen im Allgemeinen einen höheren Histamingehalt auf, dabei sind Weißweine weniger betroffen als Rotweine. Die Vergärung von Bier mit hohem Hefeanteil zieht ebenso einen hohen Histamingehalt nach. Wer mit einem schlechten Wein kocht, kann auf die Art auch einen "Kater" bekommen, ohne Wein getrunken zu haben. Durch die Beständigkeit der biogenen Amine auch bei Hitzeeinwirkung bleibt deren Wirkung auch bestehen, wenn man ungünstig vergorenen Wein in die Soße kippt und einkocht. Hier werden die biogenen Amine sogar noch konzentriert!
Vorsicht Vegetarier und Veganer!
Viele Fertigprodukte, vegane Pasten und Gewürzmischungen enthalten Hefeextrakt. Dieser ist im allgemeinen extrem reich an Biogenen Aminen.
Wie stellt man fest, dass man eine Histaminose hat?
Spätestens dann, wenn es einem – nachdem man mindestens zwei Wochen auf histaminhaltige Nahrungsmittel verzichtet hat - besser als vorher geht. Ein Arzt mit offenem Ohr wird auf Histaminsensibilität testen. Die Verwendung von Antihistaminika schafft rasch Erleichterung. Der körpereigene Histaminabbau wird durch Vitamin C, Kupfer und Mangan im Rahmen enzymatischer Prozesse unterstützt. Histamin ist hitzestabil, und kann daher weder durch Kochen, Braten oder Backen, noch durch Tiefkühlen zerstört werden. Der Abbau erfolgt über die Leber. Wer also erkennt, dass er unter einer Histaminose leidet, muss weiterhin histaminhaltige Nahrungsmittel meiden, sonst kehrt das Unwohlsein nach einer Weile wieder zurück.