Sportpferde leistungsstark füttern
Optimierte Leistung durch richtige Pferdefütterung
In der Pferdezucht hat sich in den letzten zehn Jahren viel verändert. Überragende Bewegungen, schier endloses Potenzial der Youngsters, unglaubliche Rittigkeit, grenzenlose Springbegabung.
Im Kontrast hierzu der Trend, so "naturbelassen" wie möglich zu füttern. Es gibt keinen größeren Widerspruch, denn in der Natur hätten sich solche Pferde, wie sie heute durch die Zucht für den Reitsport zur Verfügung stehen nie entwickelt.
Aber auch die klassische Fütterung entspricht nicht mehr den Anforderungen, die Pferde aus heutiger moderner Leistungszucht an die Ernährung stellen.
Es macht weder Sinn, auf Hochleistung gezüchtete Pferde wie noch vor 20 Jahren zu füttern, noch auf eine gezielte Nährstoffversorgung aufgrund ideologischer Gesichtspunkte zu verzichten.
Ernährungsphysiologische und histologische Gesichtspunkte sollten in der Pferdefütterung im Sport mehr Beachtung finden.
Grundfutter des Pferdes
Grundsätzlich steigt mit der körperlichen Anforderung an das Pferd der Energiebedarf. Daß dieser nicht mehr alleine über Heu und Stroh zu decken ist, ist klar. Aber welche Rolle spielen die anderen Energielieferanten? Welchen Einfluss nimmt die Mineralisierung auf den Energiehaushalt?
Was vermutlich in der Pferdefütterung immer so bleiben wird wie eh und je: Heu und Stroh sind und bleiben grundsätzlich die beste Form der Rohfaserversorgung für das Sportpferd und sollten niemals in der Fütterung fehlen.
Mit der Leistungsanforderung steigt jedoch der Bedarf an Kraftfutter. Im Verhältnis zu Heu und Stroh enthält Kraftfutter im allgemeinen eine höhere Nährstoffdichte sowohl in Bezug auf energieliefernden Nährstoffe als auch auf die nicht-energieliefernden Nährstoffe (Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine).
Daraus folgt zunächst, dass ein wirklich hart arbeitendes Pferd einfacher bedarfsgerecht zu füttern ist als ein weniger arbeitendes, eventuell nur für Freizeitzwecke gehaltenes Pferd.
Allerdings muss in Bezug auf die züchterische Entwicklung heutiger Reitpferde ein besonderes Augenmerk auf die Mineralisierung gerichtet werden.
Voraussetzungen für Leistungsfähigkeit
Die Fütterung von Heulage oder sogar Silage ist für das gute Sportpferd keine Option, wird ja gerade durch die in vergorenem oder angorenem Futter reichlich entstandene biogenen Amine einer Überforderung der Leber provoziert.
Für die Ausprägung und Entwicklung der Muskulatur des Sportpferdes hat die Leber eine überragende Bedeutung. Mit der Hilfe dieses Schlüsselorgans wird die Umwandlung von körperfremdem Eiweiß (Futtereiweiß) in körpereigenes Eiweiß (Muskeleiweiß) ermöglicht.
Aus diesem Grund gilt in der Pferdefütterung grundsätzlich ein sehr hoher Qualitätsanspruch bezüglich des Rau- und Kraftfuttersfutters. Schimmelpilzbefall oder bakterielle Verunreinigungen im Heu und Getreide schmälern die Leistungsfähigkeit.
Auch Medikationen (Impfungen, Wurmkuren, Schmerzmittel) sowie Aroma- und Konservierungsstoffe schränken über die Belastung der Leber das sportliche Engagement ein.
Futtermenge
Trotz des erhöhten Energiebedarfs und eines gewissen Platzmangels im Pferd selbst ist eine Heuration mit nicht unter 1,5 Kilogramm je 100 Kilogramm Lebendgewicht gerechtfertigt. Die Fütterung von qualitativ hochwertigem Stroh gehört dabei zu den vollkommen unterschätzten Kapiteln der Pferdeernährung.
Daher sollten etwa 3 Kilogramm Futterstroh pro Pferd und Tag in jedem Fall zugefüttert werden.
Stroh hat dabei den Vorteil, dass es neben Hemicellulosen und Pektin auch den Holzstoff Lignin enthält, der weniger wasserbindungsfähig ist. So bietet Stroh kaufähige Rohfaser und Energie ohne den Darm zu beschweren.
Damit sind wir bei einer Raufuttergabe von etwa 12 Kilogramm täglich für ein 600 Kilogramm schweres Pferd angekommen. Durch die Fütterung der Rohfaser erhält das Sportpferd die Möglichkeit lange zu kauen. Das Kauen dient der Verdauungsmotivation, aber auch dem Stressabbau. Durch den Kauvorgang wird aus Natriumchlorid (Salz) auf biochemischem Weg sowohl die Salzsäure für den Magen, aber auch der Gegenspieler, das Natriumbicarbonat gebildet, das für die Entsäuerungsvorgänge des Gewebes wichtig ist (Prophylaxe von Sehnenschäden etc.).
Sportpferde, die unter einem Mangel an Raufutter leiden, wirken extrem trocken, verharzt und steif.
Wieviel Kraftfutter darf es sein?
Entsprechend der Leistungsanforderung werden im allgemeinen 2 bis 5 Kilogramm Kraftfutter täglich gefüttert. Diese Menge hängt von folgenden Faktoren ab:
- tatsächliches Arbeitspensum
- Art des Kraftfutters und dessen Rohfaser- und Energiegehalts
- Abstand von der bedarfsgerechten Ernährung
Gerade der letzte Punkt ist erklärungsbedürftig. Ein Pferd kann trotz hoher Rau- und Kraftfutterfütterung abmagern bzw. schwere Leistungsdefizite zeigen. Fehlen spezielle Mineralstoffe für den Stoffwechsel ist es, als würden Schlüssel für bestimme Schubladen und Schränke fehlen, aus denen man sich mit Energie bedient. Das Pferd ist dann trotz hohen Futterangebots nicht in der Lage, die zugeführte Energie zu verwerten, sprich zu verdauen, körpereigenes Eiweiß aufzubauen oder Fettreserven anzulegen.
Als Kraftfutter bezeichnet man im herkömmlichen Sinn Getreide, Getreidemischungen oder Fertigfutter wie Müsli oder Pellets.
Hafer - das Beste fürs Pferd
Dass Hafer in seiner einmaligen Zusammensetzung als das Pferdegetreide schlechthin gilt, ist unstrittig.
Hafer - wobei eine gute Qualität ohne Schimmelpilzkontamination gemeint ist - zeichnet sich durch ganz besondere Ernährungsqualitäten aus.
Zunächst besticht er durch seinen geringen Stärkeanteil im Vergleich zum Spelzenanteil. Der Anteil von 45 Prozent Stärke ist extrem leicht verdaulich für ein Tier, das nur beschränkte Dünndarmkapazitäten hat und vorwiegend fermentativ im Dickdarm verdaut. Der Dickdarmverdauung kommt wiederum der hohe Anteil an Fasern (11 Prozent) des Hafers zugute.
Mindestens 5 Prozent Fett (Öl) machen den Hafer zu einem sehr ausgewogenen Futter. Die enthaltenen essentiellen zwei- bis mehrfach ungesättigten Fettsäuren (vor allem Linolsäure, ca. 40%) haben eine hohe gesundheitliche Bedeutung. Auch Ferulasäure ist enthalten, die man sonst nur in Reis zu finden glaubt.
Der Gehalt an Eiweiß, der je nach Schwere des Haferkorns zwischen 9 und 11 Prozent angesiedelt ist, ist absolut und nicht relativ zum Energiegehalt zu sehen. Befürchtungen, man füttere mit Hafer zu viel Eiweiß, sind unnötig. Gerste ist absolut gesehen eiweißreicher als Hafer (siehe Tabelle 1 unten)! Das Eiweiß des Hafers ist hochwertiger und reicher an lebenswichtigen Aminosäuren als jedes andere vergleichbare Getreide.
Dazu kommt, dass Hafer reich ist an sogenannten ß-Glukanen (hochmolekulare Polysaccharide), die sich als wichtige Komponente in den Zellwänden des Hafers befinden (um die 4%). Die von Natur aus partiell wasserlöslichen ß-Glukane des Hafers verbessern den Gallefluss, haben eine Auswirkung auf den Insulinspiegel und den Darm.
Der Gehalt an Vitamin E liegt mit ca. 30mg pro Kilo höher als bei anderen Getreidearten. Ebenso überragt der Hafer mit Vitamin B1 alle anderen Sorten.
Nicht jedes Getreide macht Sinn
Die Energie, die vergleichsweise Gerste liefert, kommt zu einem wesentlich höheren Anteil aus einer weniger gut verdaulichen Stärke, und zwar etwa 60 Prozent. Der Fettanteil liegt nur bei 2,5 Prozent, also der Hälfte von Hafer und der Spelzen, bzw. Rohfaseranteil ist um die Hälfte geringer als bei Hafer.
Hafer | Gerste | |
Energie in MJ pro kg | 13 | 14 |
verd. Rohprotein in % | 9,7 | 9,9 |
Rofaser in % | 11,0 | 5,5 |
Rohfett in % | 5,2 | 2,5 |
Stärke in % | 45 | 60 |
Tabelle 1: Vergleich der Hauptnährstoffe von Gerste und Hafer nach Kirchgessner, Tierernährung, 10. Auflage 1997
Der Nachteil von Hafer ist der leider sehr häufige Befall von Schimmelpilzen in den Spelzen, die oft bis ins Korn vordringen. Sie haben dem Ruf des Hafers solche Schäden zugefügt, dass die Fütterung konsequenterweise in die Richtung erhöhter Gerste- und Maisfütterung führte.
Der Trend zu Müslis war historisch mit reichlich Stärke verbunden
Die Entwicklung zur Fütterung von mehr Gerste und Mais war nicht ohne gewisse Nachteile, weniger für die Fütterung von Sportpferden als für die Fütterung von leichtfuttrigen, EMS-, ECS- oder PSSM-gefährdeten Rassen. Wissenschaftliche Forschungen konnten beweisen, dass ein Zusammenhang zwischen hoher Leistungsfähigkeit und der Gewichtung unterschiedlicher Energielieferanten besteht.
Den sogenannten Glykämischen Index als Leistungsvariable zugrundegelegt fand man heraus, dass eine stärkereduzierte Fütterung Vorteile für das Leistungspferd bringt. Der Glykämische Index gibt Auskunft über die blutzuckersteigernde Wirkung eines kohlenhydrathaltigen Futtermittels.
Dabei dient die blutzuckersteigernde Wirkung von Hafer als Referenzwert (100). Steigt der Blutzuckerspiegel nach der Aufnahme eines Futtermittels stärker an, zum Beispiel bei Futter mit einem hohen Stärke- bzw. Zuckeranteil, so gilt es als hochglykämisch. Steigt der Blutzuckerspiegel nach der Aufnahme eines Futtermittels nicht stark an, zum Beispiel bei Futter mit einem hohen Fett-, bzw. Faseranteil gilt es als niederglykämisch.
So zeigte sich, dass hohe Stärkemengen zu einem starken Anstieg des Gewebehormons Insulin führen, was langfristig Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Pferdes hat und zudem die Gefahr der Auslösung einer Hufrehe in sich birgt.
Dabei muss hier ganz klar deutlich gemacht werden, dass der Hafer mit einem biochemischen Index von 100 absolut kein falsches Futter ist! Die stark stärkehaltigen Getreide Mais, Gerste und Weizen, sowie reichlich Zuckerverbindungen sind letztendlich die Nahrungskomponenten, die den glykämischen Index über 100 anheben.
Amerikanischer Forschung am Pferd führte zur "niederglykämischen" Fütterung
Die Vermutung, dass mit der Fütterung niederglykämischer Futtermittel eine höhere Leistung erzielt werden kann wurde in den Fütterungsversuchen mit anschließendem Training auf dem Laufband bestätigt. Über Atemmasken konnte gemessen werden, dass Futtermittel, bei denen Stärke durch Faser- und Fettanteile ersetzt worden war, zu einer Verringerung der Wärmebildung und Kohlendioxidproduktion führte.
Da die Kohlendioxidausatmung auch als Indikator für die Übersäuerung des Körpers betrachtet werden kann, bedeutete diese Fütterung für das Pferd größere Atemreserven und eine Schonung der Nährstoffreserven. Ein geringerer Anstieg der Milchsäureproduktion und ebenso des Stresshormons Cortisol wies darauf hin, dass sich die niederglykämischen Fütterung positiv auf Ausdauer und Spurtreserven auswirkt und das Pferd langfristig gelassener wird. Cortisolinduzierter Stress kann das Herz belasten und ist leistungsmindernd. Diese Ergebnisse wurden auf die Belastungen des Blutzuckerspiegels und des Insulinhaushalts zurückgeführt.
Diese Erkenntnisse führten leider auch zu einer Verdammung der Melasse als stark zuckerhaltiges und konservierendes Produkt. Ersetzt wurde die Melasse durch Apfeltrester, der letztendlich die schlechtere Alternative aufgrund seiner extremen Pflanzenschutzmittelbelastung darstellt und zusätzlich eher eine Konservierung fordert als die gute alte Melasse.
Wenig Stärke für eine gute Verdauung
Der hohe Energiebedarf des Sportpferdes bei moderat steigendem Eiweißbedarf verleitete lange Zeit zu einer hohen Gerste- und Maisfütterung. Nicht selten wurden davon mehr als drei Kilo täglich gefüttert.
Selbst bei optimalem Aufschluss eines Futtermittels hat das Pferd nur begrenzte Möglichkeiten solche sehr hohen Stärkeanflutungen zu verdauen. Der enzymatische Aufschluss im Dünndarm ist überlastet, so dass unverdaute Stärkeanteile in den Dickdarmbereich gelangen. Es kann zu Fehlgährungen mit Koliken kommen.
Alternative Faser
Durch den Einsatz leichtfermentierbarer Fasern aus Rüben (Zuckerrübenschnitzel) und Kleie (Weizen- oder Haferkleie) sowie Luzernen und Grünmehlen kann Stärke eingespart werden. Luzerne, die immerhin zu den Leguminosen (Hülsenfrüchten) zählen sollten aber aufgrund einiger anti-nutritiver Bestandteile, ihres hohen Salicylsäuregehalts, sowie der enthaltenden schwach östrogenartig wirkenden Stoffen wie Cumöstrol, Trifoliol, Medicagol und Lucernol nur in Maßen gefüttert werden.
Ein bedeutender Energieverlust ist nicht zu erwarten, das das Pferd mithilfe der gesunden Dickdarmflora aus den leichtfermentierbaren Fasern kurzkettige Fettsäuren zur Einschleusung in den Energiestoffwechsel bildet und damit Energie gewinnt. Die Verdauung der Fasern ist unabhängig vom Blutzuckerspiegel und führt nicht zu Insulinschwankungen. Allerdings ist die Kapazität zur Aufnahme von Rohfaser für das Leistungspferd begrenzt. An dieser Stelle kommt nun der Vorteil einer ausgleichenden Ölfütterung zum tragen.
Alternative Öl
Die Erhöhung des Ölanteils in der Kraftfutterration auf sieben bis höchstens zehn Prozent je Kilogramm Kraftfuttereinsatz liefert Energie, die leicht im Dünndarm verdaut werden kann. Öl liefert pro Kilogramm circa 38 Megajoule, das ist das Dreifache des Energiegehalts von Hafer. Somit kann man mit 300 Milliliter Öl ein Kilogramm Hafer einsparen. Damit wäre aber auch die Fettverdauungskapazität des Pferdes weitestgehend ausgeschöpft.
Die Verdauung von Fettsäuren hat keinen Einfluss auf den Blutzucker und regt die Insulinproduktion nicht an. Allerdings muss die Ölfütterung auf den Tag verteilt erfolgen, da das Pferd nicht über eine Gallenblase verfügt und der Fettabbau und -verdauung kontinuierlich erfolgt.
Ein weiterer Vorteil der Ölfütterung ist, dass hochwertige Öle wie zum Beispiel Leinöl gefüttert werden können. Leinöl enthält einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, die gerade beim Sportpferd Ausgangsstoff für geschmeidige rote Blutkörperchen für den Sauerstofftransport sind.
Leinöl erhöht so die Blutfließeigenschaften bis in die feinsten Kapillaren, mildert das Entzündungsgeschehen und sorgt für eine gute Regeneration der Nervenzellwände. Ebenso haben die Omega-3-Fettsäuren eine besondere Bedeutung im Rahmen der Knochenbildung.
Nachteile einer Ölfütterung
Allerdings muss gerade bei fetthaltigen Futtermitteln auf die Lagerfähigkeit geachtet werden. So eignen sich bei diesen großen Mengen zusätzlich auch das stabile Sonnenblumen- oder Maiskeimöl im Wechsel mit Leinöl. Um einen Einfluss auf das empfindliche Gleichgewicht der Dickdarmflora auszuschließen, sollte der maximale Fettanteil bei Kraffutter zehn Prozent nicht überschreiten.
Eine Gesamtölmenge von über 500 Milliliter am Tag sollte erfahrungsgemäß langfristig nicht überschritten werden, auch wenn die Ölration aufgeteilt wird. Eine hohe Ölfütterung über 800 bis 1000 Milliliter pro Tag belasten die Leber und den Darm nachhaltig. Davon ist in jedem Fall abzuraten.
Eine zu hoher Ölanteil in der Fütterung führt zu einem erhöhten Verbrauch an antioxidativ wirkenden Nährstoffen wie Vitamin E, Vitamin C und ß-Carotin. Ebenso wird mehr Glutathion (Aminosäureverbindung aus Glutaminsäure, Cystein und Glycin) und Cholin (gebildet aus der Aminosäure Methionin) benötigt.
Ernährungsphysiologisch sollte eine Sportpferde- und/oder Ölfütterung grundsätzlich mit ausgesuchten und hochwertigen Kräutergaben einhergehen, um die Verdauung zu optimieren und die Leber zu entlasten. Nicht zu unterschätzen ist die Versorgung mit hoch antioxidativen Sekundären Pflanzenstoffen aus Kräutern.
Das kommt stressgeplagten Sportpferden oder jungen Galoppern in jedem Fall entgegen, da die Leber als klassisches Stressorgan gilt und gepflegt werden sollte. Eine gute Leberfunktion als Basis für die Entwicklung von Muskeleiweiß sollte gepflegt werden. Aus der Sicht der Ernährungswissenschaft ist der Verzicht auf Kräuter, unabhängig von Dopingbestimmungen, sinnfrei.
Maßvoll mehr Eiweiß
Pferde im Leistungssport benötigen mehr Eiweiß in der Ernährung als Pferde im Erhaltungsbedarf, da Eiweiß für den Muskelaufbau und viele andere Stoffwechselvorgänge benötigt wird. Der höhere Energiebedarf erfordert eine größere Futtermenge und damit einen höheren Stoffwechsel. Eiweißverluste entstehen durch die Verbrennung von Eiweiß als Energiequelle. Selbst die Dickdarmbakterien benötigen nun mehr Eiweiß und ein bestimmtes Energie-/Eiweißverhältnis, um vermehrungsfähig zu bleiben.
Um einem gestiegenen Bedarf gerecht zu werden, steht nicht nur der Eiweißgehalt eines Futtermittels im Vordergrund, sondern das Aminosäuremuster der Ration. Das bedeutet, dass vor allem jede einzelne Aminosäure ihrem Bedarf entsprechend im Futtermittel enthalten sein sollte, um eine Überversorgung und damit unnötige Belastung zu vermeiden.
Trotz hoher Eiweißzufuhr könnte es bei manchem Sportpferd - hervorgerufen durch geringe Verdaulichkeit - zu einem Mangel an Lysin und Methionin kommen. Überschüsse an Lysin werden allerdings im Dickdarm zu Cadaverin umgebaut, so dass eine Zufuhr über 10g pro Tag über Zusatzfutter übertrieben wäre.
Langfristige Überversorgungen mit Eiweiß belasten die Stickstoff-Entsorgungs-Mechanismen im Körper. Das gilt auch für die Nieren, die den Harnstoff ausscheiden müssen. Mit zu großen Eiweißmengen wird auch die Leber belastet. Kommt es dann zu einer weiteren Inanspruchnahme des Stoffwechsels z.B. durch gesteigerte Arbeit mit erhöhter Milchsäurebildung, ist eine effektive Entgiftung des Organismus nicht mehr so gut möglich.
Eine deutliche Eiweißüberversorgung (z.Bsp.1000g pro Tag) schränkt damit die Leistungsfähigkeit des Pferdes ein. Eine hohe Eiweißzufuhr kann nur dann relativ schadlos durch den Stoffwechsel geschleust werden, wenn der Organismus ausreichend mit Cofaktoren ausgestattet ist, sprich eine ausreichende Spurenelementversorgung vorliegt.
Warum ein bestimmter Gehalt an Zucker Sinn macht
Eine ganz stärke- bzw. zuckerfreie Ernährung ist für den Sportler nicht unbedingt sinnvoll. Der Treibstoff, mit dem alle Zellen des Körpers energetisch angetrieben werden ist das Adenosintriphosphat (= ATP). Die Bildung von ATP erfolgt unter katalytische Wirkung von Enzymen und Sauerstoff in den Mitochondrien aus den Nährstoffen Glucose, Fettsäuren und Aminosäuren (aus dem Futtereiweißabbau). Das ATP ist an Magnesium gebunden und die Enzyme zur Bildung von ATP sind manganabhängig. Selen und viele andere Mikronährstoffe dienen dem Schutz und der Aufrechterhaltung dieses Energiesystems, so dass letztendlich die Mineralisierung entscheidet, ob ein Sportpferd genug Kraft entwickeln kann.
Mineralien und Mikronährstoffe
Zu den Anforderungen an die Ernährung des modernen Sportpferdes gehört die Zufütterung von Mineralien und Mikronährstoffen. Die hohe Belastung von Sehnen, Muskeln, Gelenken und Bändern, der Atmung und des Verdauungstrakts dieser hochbeweglichen Zuchtprodukte ist Rechnung zu tragen. Nährstoffmängel im Bereich der Mengen-, Spurenelemente und diverser Mikronährstoffe müssen analysiert um dann bedarfsgerecht gedeckt werden zu können.
Die wesentlichen Faktoren für den Muskelaufbau
Zunächst muss jedem Pferdehalter klar sein, dass Muskeln nur durch ausreichend Training entstehen können. Training bedeutet neben der Ausbildung von Kondition auch Formung und Aufbau der Muskulatur, um sportliche Leistung zu erbringen und das Pferd vor Gelenks- und Knochenschäden zu bewahren.
In der Werbung wird leider zu oft vermittelt, dass die ausreichende Zufuhr von Aminosäuren, also den einzelnen Eiweißbausteinen den Muskelaufbau gewährleisten würde. Das ist so natürlich nicht richtig. Jegliches Eiweiß, ob in Form von Protein oder den einzelnen Aminosäuren muss bei der Ankunft im Verdauungstrakt über die Portader in die Leber aufgenommen werden und wird dort von körperfremdem Eiweiß zu körpereigenem Eiweiß umgewandelt.
Der Flaschenhals ist also hier Gesundheit der Leber, eine bedarfsgerechte Mineralisierung und nicht zwingend die Menge an Eiweiß. Die Funktionalität der Leber muss beim Sportpferd, bei dem das Ziel eine Verbesserung der Muskulatur ist, einerseits nicht überbelastet und andererseits gestärkt sein.
D. h. ganz einfach, dass die Grundfutterqualitäten extrem hoch sein müssen. Heulage, Silage oder Schimmelpilzbefall im Grundfutter schränken die Leberfunktion ein und verhindern so die körpereigene Eiweißsynthese, die für den Muskelaufbau unumgägnlich ist.
Priorität hat also, dass das Pferd prinzipiell in der Lage ist, das Futtereiweiß in körpereignes Eiweiß in der Leber umzuwandeln. Störend hierbei sind durch Schimmelpilze belastetes Grundfutter, künstliche Futterzusätze, Chemikalien (Arzneimittel, Wurmkuren, Impfungen) und Stress. Ebenso wird die Leber durch Aroma-, Süß- oder Konservierungsstoffe belastet.
Des weiteren müssen ausreichend Spurenelemente und Vitamine als sogenannte Cofaktoren für die in der Leber arbeiten Enzyme bereitgestellt werden. Ein Muskelaufbau ohne eine bedarfsgerechte Mineralisierung unter Berücksichtigung des hohen Bedarfs an Spurenelementen und Vitaminen beim Sportpferd ist nicht möglich.
Muskelaufbau durch Entspannung
Zudem kommt, das die Entgiftung der Muskulatur von Milch- und Harnsäure optimiert und sämtliche Nährstoffe vorhanden sein sollen, die eine Reinigung und Entspannung der Muskulatur befördern.
Eine optimierte Stoffwechselsituation ist die Basis für einen gesunden Muskelaufbau. Ein übersäuerte, verspannte Muskulatur baut ab, macht das Pferd unwillig und krank.
Wesentlich für den Muskelaufbau sind daher die geregelte Durchblutung der Muskulatur, auch verbunden mit einer gesunden Herztätigkeit, die Möglichkeit der Entsäuerung bzw. Entgiftung der Muskulatur von Stoffwechselmetaboliten wie Milchsäure, Schwefelsäure, Harnsäure oder freien Radikalen durch Spurenelemente wie Zink, Mangan, Kupfer und Selen als Cofaktoren für einen funktionierenden Stoffwechsel.
Schließlich und endlich darf an dieser Stelle auch Magnesium nicht vergessen werden, es ist der Schlüssel für eine lockere Muskulatur, denn nur ein lockeres Pferd kann ausreichend Muskulatur aufbauen.
Weitere grundsätzliche Information zum Muskelaufbau beim Pferd finden Sie hier: Muskelaufbau
Nervenfutter gefragt
Das Sportpferd wird Belastungen ausgesetzt, die ein Freizeitpferd vielleicht nie erfährt. Dazu gehören Transporte, Stallwechsel, Turnierstress, die Trennung von bekannten Artgenossen und schließlich und endlich eine erhöhte geistige und körperliche Leistungsabforderung, die den Nährstoffbedarf bei ganz bestimmten Nährstoffen im Vergleich zu nicht belasteten Pferd erhöht. Für den Nervenstoffwechsel relevante Nährstoffe sind Lecithin, Glutamin, die B-Vitamine und deren Aktivatoren Zink und Mangan. Ihr Bedarf ist in jedem Fall beim Sportpferd erhöht.
Die Elektrolyte - Natrium, Chlor und Kalium
Zu den Elektrolyten zählen im eigentlichen Sinn Natrium, Chlor und Kalium. Der Wasserbedarf kann bei einem Höchstleistungspferd auf bis zu 15 Liter in einer Vielseitigkeitsprüfung ansteigen. Der Verlust von vor allem Natriumchlorid (Kochsalz) über den Schweiß kann daher beim Sportpferd stark ansteigen (auf bis zu 200 Gramm) und erfordert eine Ergänzung neben dem Salzleckstein. Der Kaliumverlust stellt höchstens im Renn- oder Vielseitigkeitssport ein Problem dar, wenn zudem zu wenig Heu gefüttert wird oder ein melassehaltiges Futter fehlt.
Natriumhydrogencarbonat, auch Soda genannt, wird vom Körper selbst aus Natrium bei der Synthese von Magensäure hergestellt. Natriumhydrogencarbonat ist basisch und gilt als effektives Salz zur Entsäuerung des Sportlerkörpers. Leider haben skrupelose Pferdetrainer und –besitzer durch übertriebene und gesundheitsschädliche Sodagaben, teils zwangsweise über die Nasenschlunde, ein so heilbringendes basisches Salz zum Dopingmittel entwertet. Das Sportpferd benötigt für Höchstleistungen aber noch weitere wichtige Mineralstoffe und Spurenelemente.
Magnesiumbedarf decken
Der Magnesiumbedarf des Sportpferdes schnellt in die Höhe und kann auf bis zu 20 Gramm pro Tag ansteigen. Die Verfügbarkeit des Magnesiums wird an dieser Stelle sehr wichtig. Organische Bindungsformen wie Citrate und Gluconate sind einfachen organischen Verbindungen wie Asparten oder Fumaraten sowie den anorganischen Oxid- oder Carbonatformen weit überlegen.
Organischen Bindungsformen können im Vergleich zu Oxiden sparsam eingesetzt werden. Dadurch kommt es nicht zu einer Verdrängung von Spurenelementen, die im Sport nicht weniger wichtige Schlüsselfunktionen besitzen.
Calciumlastige Futterrationen (mit reichlich Raufutter und Mineralfutter, die zwangsläufig reichlich das anorganisch gebundene Calciumcarbonat enthalten) schränken die Bioverfügbarkeit anderer Nährstoffe ein. Vermeintlich richtig mineralisierte Pferde erleiden so nachhaltige Magnesium- und Spurenelementmängel, die sich in Bindegewebs- und Muskelproblemen zeigen.
Vitamine für den Sport
Bei sportlicher Belastung ist die antioxidative Wirkung von Vitamin E von großer Bedeutung. Vitamin E stört die Synthese von Peroxiden in der fetthaltigen Zellmembran und schützt so die Zellen vor dem Zerfall. So schützt es auch die Muskelzellen und trägt zur Erhaltung des Muskeltonus durch eine verbesserte Sauerstoffzufuhr bei. Der Bedarf von Pferden im Leistungssport ist um ein Vielfaches höher als in einer normalen Heu-Hafer-Ration enthalten ist. Eine fettreiche Ration erhöht zudem den Bedarf an Vitamin E. Die gleichzeitige Anwesenheit von Vitamin C und Kräutern mit einem hohen Gehalt an Flavonoiden fördert die Regeneration und Einsparung von Vitamin E. Sekundäre Pflanzenstoffe haben einen sogenannten "Vitaminspareffekt".
Nährstoffe für den Muskelaufbau und das fasciale Bindegewebe
Das überragende Bewegungspotenzial unserer heutigen Sportpferde erfordert eine komplett andere Mineralisierung als noch vor zehn Jahren.
Die Bewegungsabläufe erfordern ein flexibleres Bindegewebe gerade vom jungen Pferd, dessen Muskulatur noch nicht entwickelt ist. Nährstoffmängel können sich in eklatanten Bindegewebesstörungen zeigen, die vom Aortenabriss über Sehnenschäden bis hin zu Hufknorpelverknöcherungen reichen. Da die Regeneration des Bindegewebes aufgrund seiner geringen Zelldichte eine besonders lange Zeit benötigt, muss die Ausstattung an Mineralien zur Bildung des kollagenen Bindegewebes, der Proteoglykane, sprich der gesamten extrazellulären Matrix, bereits in der Entwicklung und im frühen Management des Sportpferdes vorliegen.
An erster Stelle ist Magnesium zu nennen, das wenn, dann in hochbioverfügbarer organischer Bindungsform, zum Beispiel als Citrat nicht nur die Entspannung der Muskulatur fördert sondern auch basenbildend wirkt. Mindestens genau so wichtig ist das Spurenelement Mangan, welches als Bestandteil antioxidativer und leberentgiftender, sowie bindegewebsaufbauender Enzyme für eine gute Beweglichkeit sorgt. Vitamin E gelangt nur in seiner natürlichen Form und nicht als synthetisches Vitamin auch in die Peripherie der Zellen und sorgt dort für einen gesunden Stoffwechsel und eine rasche Regeneration der Muskulatur. Kupfer und Zink spielen eine überragende Rolle beim Aufbau des kollagenen Bindegewebes, dienen aber ebenso der Erhaltung eines gesunden Immunsystems. Neben Zink, Kupfer und Selen sind auch Sekundäre Pflanzenstoffe an antioxidativen Prozessen beteiligt, die notwendig sind, dass gerade im Sport, beim Abruf von Leistung und im Muskelaufbau erhebliche Energien umgesetzt werden die zu Bildung von freien Sauerstoffradikalen führen. Freie Radikale können einen regelrechten Flächenbrand im Körper verursachen, der die Leistung einschränkt, das Immunsystem belastet und chronischen Entzündungen Tür und Tor öffnet.
Grundsätzliche Fütterung
Unter der Voraussetzung, dass die Mineralisierung komplett überdacht wird und der besonders erhöhte Bedarf an Nährstoffen des modernen Sportpferdes durch Futterergänzungen gedeckt ist, wird die klassische Hafer-Heu-Fütterung zur richtigen Sportlernahrung.
Die bedarfsgerechte Fütterung von Mikronährstoffen (Vitaminen und Spurenelementen), bioaktiven Nährstoffen und Sekundären Pflanzenstoffen aus Kräutern führen zu einem reibungslosen und aktiven leistungsstarken Stoffwechsel. Das hat zur Folge, dass die Umsetzung energieliefernder Nährstoffe unter optimaler Energieausbeute funktioniert. Damit wird der Verdauungsapparat des Pferdes geschont. Das Pferd wird in die Lage versetzt, wohlwollend Leistung bis ins höchste Niveau zu erbringen.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand 2011 überarbeitet April 2016 überarbeitet 2023 ©