Herz-Kreislaufprobleme beim Pferd
Kolikgefahr durch Wetterwechsel
Sehr viele Pferde leiden bei Wetterumschwüngen unter Herz-Kreislauf-Problemen. Die Anzeichen hierfür sind Mattheit, eine erschwerte Atmung, Konditionsverlust, angelaufene Beine und das vermehrte Auftreten von Koliken. Davon sind nicht nur ältere Pferde betroffen.
Leichte Herzschwächen beim Pferd sind nicht selten und können auch in der Jugend, im Wachstum, zu Trainingsbeginn, in der Trächtigkeit oder nach übertriebenen körperlichen Belastungen oder schweren Infektionen auftreten. Sie sind also keine ausschließliche Alterserscheinung.
Neben den wirklich tiermedizinisch abzuklärenden Herzproblemen können auch Blockaden (zum Beispiel im Bereich von der Wirbelsäule zu den Rippen), Satteldruck, vorangegangene Infektionen oder Zahnprobleme, aber auch Nährstoffdefizite ursächlich sein für Herz-Kreislauf-Probleme.
Das heißt, die Diagnose "Herzproblem" kann, muss aber nicht unbedingt chronisch sein. Je älter ein Pferd wird, desto wahrscheinlicher ist die Neigung zu Herz-Kreislauf-Schwächen.
Nährstoffmängel als Ursache für Herzprobleme
Herz-Kreislauf-Probleme sind nicht selten, aber kommen extrem häufig bei Pferden vor, die entweder im Lauf der Zeit einen Nährstoffmangel entwickelt haben oder bei denen der Nährstoffbedarf durch bestimmte Umstände deutlich erhöht, aber nicht gedeckt worden ist.
In Stress-Situationen und im Rahmen natürlicher Alterungsprozesse kann ein sich einschleichender Nährstoffmangel zu Problemen mit dem Herz-Kreislauf-System führen.
Meist ist der Bedarf an Magnesium und Vitamin E, aber auch an bestimmten antioxidativen Nährstoffen erhöht. Eine extrem große Rolle spielt dabei das Magnesium, denn seine Funktion bei der Muskelkontraktion - ist doch das Herz ein Muskel, der ständig arbeitet - ist unumstritten.
Die Deckung des Magneisumbedarfs des Pferdes wird häufig unterschätzt. Vor allem trifft das auch auf trächtige Stuten zu. Es ist fütterungsmedizinisch bekannt, dass ein Mangel an Magnesium des Muttertieres zu einem Herzproblem des Foetus führen kann.
Stress als Nährstoffräuber
Kommt ein Pferd - und das trifft für jedes Säugetier incl. den Menschen zu - in eine Stress-Situation, werden die Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. Hier handelt es sich um Botenstoffe und Hormone, die die Herzfrequenz steigern, den Blutdruck ansteigen lassen und zu einer Erweiterung der Bronchiolen führen. Die Magen-Darm Tätigkeit wird gehemmt.
Gleichzeitig wird dem Körper durch den Fettabbau (Lipolyse) Energie bereitgestellt. Diese Vorgänge dienen dazu, den Körper zum Beispiel auf Flucht vorzubereiten. Findet diese Flucht im Rahmen der Stress-Situation jedoch nicht statt, kann es zu kolikähnlichen Symptome kommen.
Mit der Lipolyse gelangen freie Fettsäuren ins Blut, die sich - im Rahmen einer nicht aufgearbeiteten Flucht-Situation und einem damit einhergehenden fehlenden Energieverbrauch - irreversibel an Magnesium binden und so zu einem deutlichen Magnesiumverlust führen.
Magnesiummangelzustände häufig nicht realisiert
Der Magnesiumgehalt im Heu unterliegt sehr starken Schwankungen. Man findet Heuqualitäten, die mit stattlichen 1,7g/kg Magnesium aufwarten können. Leider sind auch Heuchargen mit weniger als 0,8 g/kg Magnesium nicht selten. Die geschätzen Bedarfszahlen liegen beim Pferd bei ca. 11-15 g pro Tag, können aber durch Stress und Beanspruchung weit diehöher liegen.
Das Blutbild zeigt uns, ob bereits ein Mangel vorherrscht. Der Normalwert sollte zwischen 0,8 und 1,0 mmol/Liter liegen. Zu beachten ist, dass ein Wert unter 0,8 bereits anzeigt, dass Magnesium bereits aus dem Knochen zur Aufrechterhaltung der Homöostase im Blut aktiviert wurde. Im Knochen, der das Hauptreservoir für Magnesium darstellt, befinden sich fast 60% des gesamten Magnesiumanteils des Körpers.
Ein Magnesiummangel sollte jedoch nicht so weit gehen, dass dieses strukturell notwendige Magnesium aus dem Knochen gelöst wird. Ein Blutwert unter 0,8 mmol/l sagt also nicht wirklich etwas über einen bereits tatsächlich bestehenden Magnesiummangel aus.
Eine relativ einfache und sehr sichere Methode, einen Magnesiummangel beim Pferd festzustellen ist die 14-tägige Fütterung eines hochwertigen Magnesiumpräparats, in dem das Magnesium ausschließlich organisch gebunden vorliegt (zum Beispiel Mg Magnesium mit 45g pro Tag für 14 Tage). So kann man feststellen, dass es eventuell trotz eines zufriedenstellenden Blutbilds bereits zu einer Aktivierung von Magnesium aus dem Knochen zur Versorgung der Muskulatur kam. Magnesium ist als Mengenelement von so großer Bedeutung für den Stoffwechsel, dass selbst dem Laien ein Vorher-Nachher-Unterschied sichtbar wird.
Zu den klassischen Mangelerscheinungen des Magnesiummangels zählen Verspannungen, Durstlosigkeit und Schwächegefühl. Angelaufene Vorderbeine - gerade bei älteren Pferden - weisen sehr oft auf ein Magnesiummangel und daraus resultierende Herz-Kreislauf-Probleme hin.
Vitamin E gilt als das Herzvitamin
Neben dem Magnesium ist auch das Vitamin E durch seine zellschützende Wirkung von allergrößter Bedeutung für den großen Herzmuskel, aber auch für die Elastizität von Gefäßen und Kapillaren, für die Blutgefäße und den Blutfluß.
Sekundäre Pflanzenstoffe als Herzschutz
Eine ganz besonders große Bedeutung haben die Sekundären Pflanzenstoffe verschiedener Kräuter, Blüten und Wurzeln. Weißdorn, Traubenkerne, Mellise oder Ginseng liefern Nährstoffe, die in der Lage sind, freie Radikale abzufangen und damit die Zellen zu schützen. Dazu zählen Oligomere Proanthocyanidine (OPC), Catechine (Anthocyanidinen) und Quercetin. Sie wirken direkt herzstärkend, vitalisierend und blutdrucknivellierend. An dieser Stelle sind auch die sogenannten Omega-3-Fettsäuren zu nennen, deren Bedeutung für das Herz-Kreislauf-System wissenschaftlich belegt ist. Man findet sie unter anderem in Leinsamen bzw. Leinöl und Traubenkernen. Als besonders wertvoll gilt das Nachtkerzenöl.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand Februar 2014 überarbeitet März 2022
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