Jod - Spurenelement aus dem Meer
Der Jodbedarf des Pferdes ist selten gedeckt
Jod wird mit der Schilddrüse und damit dem Grundumsatz in Verbindung gebracht. Tatsächlich wird Jod hauptsächlich in der Schilddrüse gespeichert. Bekannt ist Jod als Bestandteil der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin und Thyroxin. Die Bedeutung von Jod beschränkt sich allerdings nicht auf die Funktionsfähigkeit der Schilddrüse.
Die Schilddrüse liegt unter den Ganaschen im oberen Halsbereich des Pferdes und besteht aus mit Speichersekret gefüllten, von Epithel umgebenen Follikeln. Hier findet - einfach gesprochen - eine Bindung der Aminosäure Tyrosin an Jod statt. Daraus werden die Schilddrüsenhormone Thyroxin (Tetrajodthyronin T4) mit vier Jodmolekülen und Trijodthyronin (T3) mit drei Jodmolekülen gebildet. Tyrosin ist eine nichtessentielle Aminosäure, der eine aktivierende Wirkung zugeschrieben kann, da sie das sympathische Nervensystem unterstützt und damit die Leistungsfähigkeit verbessert (Dopaminbildung). Eine gute Quelle für die Aminosäure Tyrosin beim Pferd ist normalerweise eine reichliche Haferfütterung, die leider immer seltener praktiziert wird.
Die Schilddrüsenhormone beeinflussen den Energieumsatz und die Wärmebildung. Davon sind auch die Muskeln, der Fettstoffwechsel, die Leber und das Herz sowie Wachstumsvorgänge betroffen.
Vorausgesetzt, dass die Jodversorgung stimmig ist, reicht die gebildete Menge an Schilddrüsenhormonen mehrere Wochen aus, um den Körper mit Hormonen zu versorgen. Dabei unterliegt Jod eine sehr ökonomischen Wiederverwertung, da das Jod gebunden an Monojodtyrosin bzw. Dijodtyrosin vorliegt und damit das Jod in einem Jodpool integriert bleibt.
Jod ist grundsätzlich auch in allen weiteren Drüsen und den Eierstöcken lokalisiert, was seine Essentialität um so mehr begründet.
Mineralfutter und mineralisierende Futter sollten eigentlich den normalen Jodbedarf des Pferdes ohne weiteres ausgleichen können. Besonders reich an Jod sind ansonsten nur Algen oder Meeresfrüchte.
Wirkung der Schilddrüsenhormone
Vorwiegend wird das Schilddrüsenhormon Thyroxin (T4) in die einzelnen Zellen aufgenommen, um dort nach Umwandlung in Trijodthyronin (T3) in den Zellkern aufgenommen zu werden.
Hier greift es in die Produktion der Proteine ein, um beispielsweise die Insulinwirkung zu verstärken, den Fettab- und Aufbau zu regeln, den Eiweißumsatz der Muskulatur zu steuern oder die Sauerstoffzufuhr und den Herzschlag zu regulieren.
Trijodthyronin steuert auch die Hirnreifung, die Kollagenproduktion sowie das Wachstum des Knochens und die Blutbildung. Die Bildung der Sexualhormone ist eng an die Schilddrüsenhormone gekoppelt.
Jod hat aber auch unabhängig von der Funktion der Schilddrüsenhormone eine große Bedeutung für u.a. die Gehirnentwicklung.
Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System
Funktionsstörungen der Schilddrüse können eine Auswirkung auf das Herz-Kreislauf-System haben und umgekehrt könnten Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems immer auch auf einen Zusammenhang mit der Jodversorgung schließen lassen.
Im Wechselspiel mit anderen Mechanismen regulieren Schilddrüsenhormone die Herzkraft, die Herzfrequenz und das Blutvolumen. Da beide Schilddrüsenhormone den Sauerstoffverbrauch in den Geweben regulieren, haben Sie einen großen Einfluss auf den Energieumsatz. Ebenso besteht ein Einfluss der Schilddrüsenhormone auf die Muskelfunktion und -entwicklung.
Jodbedarf des Pferdes
Der Bedarf an Jod liegt bei ca. 0,1 bis 0,2 mg pro Kilogramm Futtertrockenmasse, also bei etwa 1 bis 3 mg pro Tag bei einem 600 kg schweren Großpferd. Heu sollte daher prinzipiell in der Lage sein, den Jodbedarf zu decken, wenn der Gehalt an Jod im Heu zwischen 0,2 und 0,3 mg pro Kilgramm Trockensubstanz liegt. Der Bedarf an Jod wird vermutlich im nördlichen Raum leichter gedeckt als in südlichen Gefilden.
Als natürliche Jodquellen werden Meersalz, Algen, Fisch- oder Muschelprodukte genannt. Meersalz liefert mit 10g Meersalz jedoch nur nicht nenneswerte 20µg Jod, was für eine bedarfsgerechte Ernährung vernachlässigt werden kann. Der Jodgehalt von Meeresalgen schwankt. Sie wären für eine optimale Versorgung bei Jodmangel geeignet, sollten aber auf einen nachweisbaren und standardisierten Wert untersucht sein, um unkalkulierbare Überdosierungen zu vermeiden.
Ein Überangebot von über 20 mg Jod pro Tag führt laut Professor Meyer bei tragenden Stuten zu Fehlentwicklungen des Fohlens. Jod steht in Konkurrenz bzw. in Wechselwirkung zu Selen.
Flächendeckender Jodmangel wahrscheinlich?
Die Untersuchung von Jod im Blutbild wird derzeit immer häufiger vorgenommen. Der Referenzwert für Jod, der im Allgemeinen auch für Mensch, Hund und Pferd gilt, wird in einem anerkannten deutschen Labor im Blut zwischen 10 und 80 µg/l angegeben.
Dieser Wert wird nur dann erreicht, wenn ausreichend Jod im Mineralfutter enthalten ist und die Ausgewogenheit der Spurenelemente untereinander gewährleistet ist. Das zeigen unsere neuesten Erkenntnisse aus unserem Institut zur Entwicklung von Ernährungskonzepten für Pferde.
Die Zufütterung von Jod nach einem Jodmangel auf ein akzeptables Niveau ist dann jedoch ein sehr langwieriger Prozess und zieht sich über Monate hin. Eine Verbesserung der Vitalität, der Herzkraft und der Leistungsfähigkeit ist allerdings zu erwarten.
Die im Allgemeinen gemessenen Schilddrüsenwerte (Gesamt T3, Freies T3, Gesamt T4, Freies T4 und TSH basal) geben uns keinen Aufschuss über den Jodstatus selbst. Bevor die Diagnose Schilddrüsenunterfunktion gestellt wird sollte auch der Jodstatus überprüft und auf ein entsprechendes Maß angehoben werden.
Jodmangel beim Pferd
Ein Mangel an Jod führt zu einer erheblichen Verringerung der Synthese von Schilddrüsenhormonen. Die Konsequenz ist, dass der Rückkoppelungseffekt der Hormone geschwächt ist und unaufhaltsam Schilddrüsengewebe produziert wird. Diese Vergrößerung des Schilddrüsengewebes wird als Kropf (Struma) bezeichnet.
Ein Mangel an Jod bremst den Stoffwechsel aus und lässt den Stoffwechsel regelrecht erkalten. Klassischerweise kommt es sogar zum Frieren bzw. Frösteln des Organismus.
Jodmangel führt von Konzentrationsstörungen bis hin zur Retardierung der mentalen Leistung und schwersten geistigen Behinderungen, vor allem bei jungen Individuuen.
Weitere Nährstoffmangel-Situationen an diesem Spurenelement sind aus der Nutztierhaltung bekannt wie Wachstumsstillstand oder -verzögerung, Alopezie (Haarausfall). Bei Stuten kann es zu Aborten, Resorptionen und Zyklusstörungen kommen. Neugeborene unter Jodmangel sind lebensschwach.
Hinweise auf einen Jodmangel können auch Appetitlosigkeit und Lethargie bis hin zum Tod sein.
Schilddrüsentätigkeit auch von Selen und Mangan abhängig
Verschiedene Faktoren können das Entstehen eines Schilddrüsenmangels begünstigen. Dazu gehört unter anderem der Mangel an Selen. Bei einem gekoppelten Auftreten eines sowohl Jod- als auch Selenmangels kommt es zu einer deutlich verminderten Aktivität der Glutathionperoxidase.
Das wiederum führt sowohl zu massiven Zellschädigungen als auch zu einer Dysfunktion der Schilddrüse. Selenabhängige Enzyme, sogenannte Dejodinasen, ermöglichen erst die Umwandlung von Thyroxin (T4) inTrijodthyronin (T3). Aluminiumhydroxid und Eisensulfat vermindern die intestinale Jodresorption. Mangan ist an der Umwandlung in Trijodthyronin (T3) beteiligt.
Störungen der Schilddrüsenfunktion wirken sich auf den Stoffwechsel von Kupfer, Zink und Mangan aus.
Weiterer jodabhängige Vorgänge
Im Immunsystem stärkt Jod die antimikrobielle Aktivierung und damit Wirkung der weißen Blutkörperchen. Es wirkt stark oxidative und unterstützt während des Immungeschehens den Kampf gegen Bakterien, Viren und Pilze. Jod bindet giftige Schwermetalle wie Quecksilber und Blei und scheidet die über den Harn aus. Da langfristig dadurch natürlich auch essenzielle Schwermetalle wie Zink oder Mangan gebunden werden, muss das Verhältnis zwischen den Spurenelementen gewahrt bleiben.
Jod ist essenziell für ein gute Funktionieren des Hormonsystem, da es sich prinzipiell im Drüsengewebe anreichert. Betroffen davon sind unter anderem Eierstöcke und Brustdrüsen. Ein ausgeglichener Jodhaushalt ist auch die Basis für einen ausgeglichenen Östrogenhaushalt.
Luzerne- und Esparsettefütterung können den Jodbedarf erhöhen
Gründe für einen Jodmangel liegen entweder in einer verringerten Zufuhr durch die Nahrung oder in der Aufnahme sogenannter strumigener Faktoren.
Luzerne und Esparsette werden in der Pferdefütterung mittlerweile immer mehr und in nicht unerheblichen Mengen (mehrere Kilogramm am Tag) eingesetzt. Sie zählen zu den sogenannten Leguminosen. Diese ein- bis zweijährigen krautigen Pflanzen, zu denen auch Weiß- und Rotklee, Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und Sojabohnen zählen, werden auch als Hülsenfrüchte bezeichnet. Leguminosen werden in der Landwirtschaft zur Gründüngung eingesetzt, weil ihre Wurzelknöllchen eine Symbiose mit Stickstoff fixierten Bakterien eingehen können. Daher sind Leguminosen auch sehr eiweißreich. Der vorhandene relativ hohe Gehalt an Thiocyanaten (Salze der Thiocyansäure SCN− ) kann zu einer Bindung von Jod führen, die durch erhöhte Jodgaben ausgeglichen werden muss. Die Früchte der Leguminosen dürfen nur verarbeitet oder gekeimt verfüttert werden, denn sie enthalten von Natur aus hohe Gehalt an Blausäure, Lektinen, Phytoöstrogenen und Protease-Inhibitoren. Die in Raps, Ackersenf oder Weißklee enthaltenen Glucosinolate können die Bildung der Schilddrüsenhormone stören.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand 2017 überarbeitet 2022©
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