Kraft und Gesundheit durch Vitamin B12
Vitamin B12 wird vom Pferd mit Hilfe von Kobalt selbst synthetisiert.
Pferde sind im allgemeinen problemlos in der Lage, die zu den wasserlöslichen Vitaminen zählenden B-Vitamine selbst zu bilden. Eine Ausnahme stellt das Vitamin B12, auch unter dem Namen Cobalamin bekannt, dar, da es zu seiner Synthese das essentielle Spurenelement Kobalt benötigt.
Ohne eine geregelte Kobaltzufuhr über die Fütterung ist eine körpereigene Bildung des Vitamins B12 für das Pferd nicht möglich. Pferde sind in der Lage - unter der Voraussetzung einer ausreichenden Kobaltversorgung und einer intakten Darmfunktion - , sehr große Mengen an Vitamin B12 selbst zu synthetisieren.
Kobalt als Baustein für Vitamin B12 aus natürlichen Quellen
Aufnahme von B12 durch Erdefressen
Vitamin B12 ist in normaler pflanzlicher Kost nicht enthalten. Eine Zufuhr erfolgt auf natürliche Weise durch die Aufnahme von Verunreinigungen (Erde, Schmutz).
Das Erdfressen kann durchaus auf einen Vitamin B12 -Mangel hinweisen. Der nutritive Vitamin B12 -Mangel entsteht durch einen Mangel an Kobalt in Verbindung mit Magenproblemen oder einer schlechten Darmflora.
Natürliche Lieferanten von Vitamin B12 können Hefen und Algen sein, die allerdings nicht in der großen Menge an das Pferd gefüttert werden könnten, dass der Bedarf wirklich optimal gedeckt werden könnte.
Eine nährstoffbilanzierte und bedarfsgerechte Fütterung mit hochwertigem Raufutter ist die Basis für eine gesunde Dickdarmflora, die allerdings nur bei ausreichender Kobaltzufuhr in der Lage ist, Vitamin B12 im Darm herzustellen.
Ist das nicht der Fall, zeigt sich ein Mangel leider meist zeitverzögert ein paar Jahre später. Eine bedarfsdeckende Fütterung mit synthetischem Vitamin B12 ist weitaus teurer als die Gabe von Kobaltsalzen. Die Resorption von Vitamin B12 kann bei Pferden mit Magenproblemen zudem reduziert sein.
Vitamin B12 für Leistung, Nerven- und Anti-Aging.
Vitamin B12 spielt eine überragende Rolle im Stoffwechsel. Dieses gut speicherbare Vitamin ist in Wasser nur wenig löslich, relativ luft- und wärmestabil, reagiert aber empfindlich auf die Einwirkung von Licht und UV-Strahlung.
Neuere Forschungen haben ergeben (Kuklinski, 2008), dass beim Abbau von Stickstoffmonoxid große Mengen von Vitamin B12 irreversibel verbraucht werden. Zu viel Stickstoffmonoxid (NO) entsteht durch psychischen und physischen Stress, spezielle stickstoffhaltige Chemikalien und hemmt die mitochiondriale Atemkette, sprich, stört die ATP- bzw. Energieproduktion in der Zelle.
Das führt bei den betroffenen Pferden nicht nur zu Erschöpfung und Müdigkeit. Der sogenannte nitrosative Stress ist Auslöser vieler Multisystemerkrankungen und stellt eine spezielle Form des oxidativen Stresses dar.
Vitamin B12 ist auch an der Blutbildung beteiligt und gilt als das „Sportlervitamin“ schlechthin, bewirkt es doch die Bildung stabiler, widerstandfähiger roter Blutkörperchen, die schnell und gewandt den Sauerstoff bis in die kleinsten und entferntesten Blutkapillaren befördern.
Anti-Aging und Muskelbildung
Zusammen mit dem B-Vitamin Folsäure ist B12 an der Synthese von Eiweißstoffen und den Nukleinsäuren zur Bildung der Erbsubstanz beteiligt. Das zeigt den Einfluss von Vitamin B12 auf auf das Wachstum und die Zellteilung bzw. –reifung, was vor allem auch Individuen im höheren Alter entgegenkommt.
Vitamin B12 ist zusammen mit Vitamin C an der Bildung von L-Carnitin und damit der Muskelbildung und Energiebereitstellung beteiligt. Vitamin B12 - obschon es durch die Mikroorganismen im Dickdarm produziert wird, unterstützt seinerseits wiederum die dortige Bakterienflora und verbessert damit die Verarbeitung und Umsetzung von Rohfaser wie Cellulose, Hemicellulose oder Pektin in flüchtige Fettsäuren.
Nervenkraft
Vitamin B12 steigert die Konzentrationsfähigkeit und Nervenstärke, da es die Bildung der Myelinschicht der Nervenzellen unterstützt. Gemeinsam mit Vitamin B1 und B6 ist es an der Produktion von Nervenüberträgerstoffen beteiligt.
Zusammen mit Mangan und Zink ist Vitamin B12 an der Regeneration der Schleimhäute beteiligt und hat hier eine große Bedeutung für die Wundheilungsfähigkeit.
Mangelerscheinungen
Eine beeinträchtige Darmflora, zu hohe unverdauliche Getreidemengen oder ein Mangel an durch Mineralstoffe zugeführtes Kobalt kann zu einer mangelhaften Eigensynthese von Vitamin B12 führen.
Es folgt ein Teufelskreis, zeigen sich doch Mängel in Appetitlosigkeit, Blähungen, Leberproblemen und Leistungsabfall. Auch psychische Probleme können auftreten. Der Energieumsatz und der Muskelaufbau sind gestört. In diesem Fall ist die zusätzliche Zufuhr an Vitamin B12 über die Fütterung durch entsprechende Ergänzungsfuttermittel angebracht und führt auch rasch zum Erfolg.
Kobalt auf der Dopingliste?
Der Nährstoffbedarf für Kobalt liegt bei um die 0,1mg/kg Futtertrockensubstanz (also 1,2 bis 1,8 mg am Tag). Kobalt wird vom Pferd benötigt, um im Dickdarm daraus Vitamin B12 zu synthetisieren. Da das Pferd ein Vegetarier ist, besteht die Gefahr eines Vitaminmangels, wenn Kobalt nicht zur Verfügung steht. Die Folgen sind Blutarmut, Hautveränderungen und Wachstumsstillstand, um nur die wichtigsten Mangelerscheinungen darzulegen.
Vitamin B12 -Mangel wird verantwortlich gemacht für sogenannte Multifunktions-Erkrankungen (Beweglichkeits- und Verdauungstörungen, Nervenerkrankungen).
Der tägliche Kobaltbedarf des Pferdes muss aus Tierschutzgründen gedeckt sein. Leider haben in der Vergangenheit halbseidene Pferdehalter bzw. Trainer, in diesem Fall aus der Branche des Rennsports, durch zu hohe Kobaltgaben einen leistungssteigernden Effekt ausgelöst, der die FN dazu aktiviert hat, dieses essentielle Spurenelement auf die "Dopingliste" zu setzen, ohne dabei Mengenangaben ins Feld zu führen, nachdem sich der Pferdehalter richten kann (bei dem Pferd eines betreffenden Trainers wurden 0,2mg Kobalt pro Liter Urin getestet, bei angenommenen 10 Litern Urin, was als absolutes Minimum an täglichem Urin angenommen werden kann, wären das bereits 2mg Kobalt in der Ausscheidung, die unzweifelhaft auf eine wirklich klar überhöhte tägliche Zufütterung hindeuten).
Um eine 33%ige Leistungssteigerung an Ratten im Tierversuch zu erzielen, musste den Ratten (Gewicht ca. 300g) 2,5 bis 10mg CoCl2 (45% Co) am Tag verabreicht werden (Bastian Ebert, Lübeck 2014) . Das entspräche beim Pferd einer Menge von ca. 2300 bis 8000mg Cobalt! Die tägliche Zufuhr von Kobalt beim Pferd über übliche Mineralfutter sind höchstens 2 bis 3 Milligramm und sind daher kein Doping!
Wer sein Pferd durch bedarfsgerechte und physiologisch korrekte Gaben von Kobalt mineralisiert, um dessen Gesundheit und Regenerationsfähigkeit zu erhalten, darf nicht kriminalisiert werden.
Die Gabe von Kobaltsalzen, solange sie physiologisch auch in Vitamin B12 umsetzbar ist, ist nicht dopingrelevant. Ob nun wirklich überhöhte Mengen an Kobaltsalzen an ein Pferd gefüttert wurden, die so hoch waren, dass eine Umsetzung im Darm zu Vitamin B12 nicht mehr möglich war, kann über die Blut- bzw. Urinuntersuchung leicht herausgefunden werden.
Die FN wird mit naturwissenschaftlich korrekten und biochemisch vertretbaren Zahlen arbeiten und nicht mit der Stange im Nebel herumstochern. Die Umsetzung von Kobalt in Vitamin B12 ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich, da die Synthese abhängig ist von der Kobaltmenge, der Art und der Menge der Bakterienflora, dem Ph-Wert und dem Biomilieu im Darm und daher nur schätzbar.
Beim Rind wurde das bereits 2002 untersucht und man geht man davon aus, dass durch eine tägliche Kobaltzufuhr von 2 bis 3 mg am Tag ca. 6 bis 12mg Vitamin B12 im Darm gebildet werden. Diese Angaben können sehr gut für das Pferd als Anhaltspunkt übernommen werden bis neue Daten ermittelt wurden.
Der verantwortungsvolle Futtermittelhersteller wird daher Kobalt in einer für das Pferd ausreichenden Menge zur Verfügung stellen, ohne damit erhöhte Urinwerte zu provozieren.
In unserem Versuchsstall konnten wir mit einer normalen bis sehr hohen Dosierung unserer Mineralisierung keine höheren Ergebnisse als 2µg/l provozieren.
Wenn aber ein Turnierreiter meint, auf die Kobalt-Zulage bei seinem Pferd aus "Dopinggründen" verzichten zu müssen und damit das Pferd in die Gefahr bringt, einen Nährstoffmangel zu erleiden, ist er eigentlich nicht wirklich einen Deut besser als ein Rennpferdehalter, der Kobalt für seinen Erfolg mißbraucht.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand 2011 © überarbeitet 2019